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Der Einsatz von Aktivkohle bei der Sanierung von Grundwasser und Bodenluft

von Dr. Christian Röhr und Wolfram Holzapfel

1.Einleitung 2.Grundlagen 3.Adsorptions-Isothermen 4.Mehrkomponenten-Adsorption 5.Aktivkohlefilter

Teil 1: Einleitung

1. Einleitung

Das wesentliche Reinigungsproblem bei den meisten Sanierungsfällen liegt darin begründet, daß der zu entfernende Schadstoff in relativ geringer Konzentration vorliegt. Bei verunreinigtem Wasser kommt in der Regel ein Schadstoffmolekül auf zehn Millionen bis eine Millarde Wassermoleküle. Bei verunreinigter Luft ist das Verhältnis deutlich günstiger. Hier kommen auf ein Schadstoffmolekül etwa zehn Tausend bis eine Million Sauerstoff- bzw. Stickstoffmoleküle.

Sinn der Adsorption ist das Anreichern von relativ niedrigen Schadstoffkonzentrationen aus einer großen Luft- oder Wassermenge. In der aufkonzentrierten Form kann der Schadstoff dann entsorgt werden.

Als technisch pratikabel werden im allgemeinen folgende Stoffe zur Adsorption eingesetzt:

Neben Ihren grundsätzlichen Adsorptionseigenschaften müssen diese Stoffe zur technischen Nutzung auch noch ausreichend mechanisch hart und abriebfest sein. Ihre Kapazität bei häufiger Ad- und Desorption darf sich nur langsam verringern.

Aktivtonerde, Silicagel und Molekularsiebe eignen sich vor allem für die Adsorption von polaren Verbindungen, insbesondere zum Trocknen der verschiedensten Gase.

Im Sanierungsbereich wird ganz überwiegend Aktivkohle zur Adsorption von Schadstoffen eingesetzt, weil die Aktivkohle das allgegenwertige Wasser nur relativ schlecht adsorbiert.

Die grundlegende Wirkung der Adsorption beruht auf einem Oberflächeneffekt. Die Schadstoffe bleiben an einer Oberfläche konzentriert haften. Das tun sie prinzipiell an jeder Oberfläche. Der Vorteil, der zur Adsorption eingesetzten Stoffe ist der, daß diese Stoffe über eine sehr große Oberfläche verfügen und somit eine größere Menge an Schadstoffen binden können. Die große Oberfläche kann sich nicht auf der Außenseiten der Partikel befinden sondern muß im Innern der Partikel vorhanden sein, wie folgender Vergleich zeigt:

Ein Würfel Kohlenstoff mit einer Kantenlänge von 1 cm wiegt 2,2 g. Die Oberfläche beträgt: 6 Seiten x 1 cm x 1 cm = 6 cm² . Zerkleinert man diesen Würfeln in 1000 kleine Würfel ergibt sich folgende Oberfläche: 1000 Würfel x 6 Seiten x 1 mm x 1 mm = 60 cm² . Dann werden die 1000 Würfel zu Staub zermahlen. Nun beträgt die Oberfläche: 109 Würfel x 6 Seiten x 10 µm x 10 µm = 6000 cm² = 0,6 m² . Die innere Oberfläche von der gleichen Menge Aktivkohle beträgt dagegen 2000 m² !

 

2. Allgemeines zur Aktivkohle

Aktivkohle ist ein Sammelname für eine Gruppe von künstlich hergestellten, porösen Kohlenstoffen mit einer schwammartigen Struktur.

Produkte, bei deren Herstellung Aktivkohle eingesetzt wird, kennt jeder aus dem Alltag, da zum Beispiel der weiße Zucker erst durch die Aktivkohle von der braunen Farbe gereinigt wurde. Ebenso wird Speiseöl, Alkohol und Seife mit Aktivkohle gereinigt. Aktivkohle wird auch bei der Blutreinigung (Dialyse) von Nierenkranken eingesetzt.

Aktivkohle wird schon sehr lange benutzt. Schwach aktivierte Kohle gab Hippokrates, der Vater der Heilkunst, schon vor 2500 Jahren an seine Patienten aus. Auch heute noch wird Aktivkohle gegen Magen-Darm-Beschwerden eingesetzt.

Die wissenschaftliche Erforschung der Aktivkohle beginnt 1785, als Lowitz die Adsorption gelöster Stoffe entdeckte. De Susurre berichtet 1812 über Adsorptionsversuche mit verschiedenen Ga sen, wobei er auch die Wärmeentwicklung bei der Adsorption beschrieb. Aus der Schwierigkeit vollkommen luftfreie Barometer herzustellen schlossen Fusinieri und Bellani Anfang des 19. Jahrhunderts auf die Existenz einer haftenden Luftschicht auf den Oberflächen fester Körper (verdichtete Gashaut). Gibbs leitete 1876 mit Hilfe der Thermodynamik das Adsorptionsgesetz her.

Im 20. Jahrhundert wurden die Adsorptionsmechanismen mathematisch beschrieben (Ostwald-Boedecker-Freundlich-Gleichung; Theorie der monomolekularen Belegung von Langmuir; Brunauer-Emmett-Teller-(BET)-Gleichung für mehrschichtige Adsorption).

Zum ersten großtechnischen Einsatz von Aktivkohle kam es 1923 bei der Bayer AG, wo Alkohol- und Benzoldämpfe adsorbiert wurden.

 

3. Herstellung der Aktivkohle

Aktivkohle wird aus Torf, Holz, Braunkohle, Steinkohle und Nußschalen hergestellt. Diese Materialien werden zunächst verkohlt. Dabei entstehen nur sehr kleine Poren.

Das aktive Porensystem (Abb. 1) wird anschließend durch Entfernen von flüchtigen Komponenten geschaffen (Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Schwefel usw.). Dabei werden teerige Produkte, die die Feinporen verstopfen, ausgetrieben und das Kohlenstoffgerüst weitgehend freigelegt. Dies geschieht durch Einwirkung von 900 - 1100 °C heißem Wasserdampf auf das verkohlte Halbfabrikat. Dabei findet eine oxidierende Reaktion zwischen Kohlenstoff und Wasser an den inneren Oberflächen des Kohlenstoffs statt, die auch Kohlenstoff von den Porenwänden entfernt:

C + H2O => CO + CO2 + H2

Die Porengröße kann für die verschiedenen Anwendungsfälle durch Variation der Verfahrensparameter (Temperatur, Zeit etc.) maßgeschneidert werden.

Im Jahr 1990 wurden weltweit etwa 375.000 Tonnen Aktivkohle erzeugt.


Rasterelektronenmikroskopische Bilder von Aktivkohle

Abb. 1: Rasterelektronenmikroskopische Bilder von Aktivkohle (aus Lurgi GmbH). Die sichtbaren Poren sind noch sehr groß und gehen auf die Zellstruktur der Ursprungspflanze zurück. Die für die Adsorption wichtigen Poren sind noch wesentlich kleiner


4. Handelsformen von Aktivkohle

Aktivkohle wird als Pulver- oder Kornkohle vertrieben. Pulverförmige Aktivkohle wird im Reinigungseinsatz gründlich mit Wasser vermischt und später wieder abfiltiert und entsorgt.

Die einige mm-große Kornkohle gibt es als gebrochene Partikel oder als stäbchenförmige Presslinge (Formkohle). Kornkohle wird in Adsorberbehälter verwendet, durch die der zu reinigende Gas- oder Flüssigkeitsstrom hindurch geleitet wird. Die gebrochene, scharfkantige Aktivkohle wird bevorzugt für die Wasserreinigung eingesetzt.

Bei der Herstellung von Formkohle wird das verkohlte Halbfabrikat pulverisiert, mit einem Bindemittel vermischt und zu Strängen mit 1 - 4 mm Durchmesser gepresst. Nach dem Trocknen des Bindemittels werden die Stränge aktiviert. Durch die glatte, gleichmäßige Oberfläche bleibt der Abrieb gering. Diese Formkohle wird zur Luftreinigung eingesetzt, da hiermit ein ausreichend geringer Druckverlust beim Durchströmen erreicht werden kann.

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