GUT Logo

Kennlinien von Seitenkanalverdichtern berechnen

Die Kennlinen von Seitenkanalverdichtern sind recht einfach, wenn man sie für standardisierte Bedingungen angibt:

(1) Es wird Luft von 20 °C angesaugt.
(2) Die Drehzahl bestimmt der Asynchronmotor bei Netzfrequenz 50 oder 60 Hz.
(3) Betriebsart Druckbetrieb: der Eingang saugt bei 1013 mbar an oder
(4) Betriebsart Saugbetrieb: der Ausgang bläst frei bei 1013 mbar aus.

Solche Kennlinien mit Volumenstrom, Druckerhöhung, Temperaturerhöhung und Leistungsaufnahme misst der Hersteller für jeden Seitenkanalverdichter-Typ und gibt sie für seine Kunden an.


Nicht-Standard-Bedingungen

ATEX-Seitenkanalverdichter fördern oft unter nicht-standardmäßigen Bedingungen mit variabler Drehzahl mit Hilfe von Frequenzumrichtern. Es werden spezielle Gasmischungen bei unterschiedlichen Temperaturen gefördert. Auch für solche Bedingungen braucht man Kennlinien des Verdichter, um das richtige Gerät auszuwählen. Diese Kennlinien muss man aus den bekannten Messwerten der Standard-Bedingungen berechnen.

 

Berechnung von Kennlinien

Die Berechnung erfolgt in mehreren Schritten:

(1) Die grundlegenden Fördereigenschaften der Maschine ergeben sich aus der Kennlinie von Lieferzahl (phi, φ) und Druckzahl (psi, ψ). Sie werden aus den Standard-Messwerten ermittelt und an diese wird ein Polynom angepasst.

Phi-Psi-Diagramm eines Seitenkanalverdichters

Abb. 1: Beispielhaftes Phi-Psi-Diagramm eines Seitenkanalverdichters. Die roten Punkte sind alle umgerechneten Standard-Messwerte (Volumenstrom und Druckdifferenz im Druckbetrieb und Saugbetrieb bei 50 und 60 Hz). Sie fügen sich zur grünen Phi-Psi-Kennlinie des Verdichters, einem angepasstem Polynom, mit dem später weitere Berechnungen erfolgen.

 

(2) Aus dem Verhältnis der gemessenen Standard-Temperaturerhöhung zur berechneten isentropen Temperaturerhöhung ergibt sich der Wirkungsgrad Eta η des Verdichters bei einer Lieferzahl. Seitenkanalverdichter erreichen im optimalen Arbeitsbereich einen Wirkungsgrad von etwa 50 %, d. h. die Hälfte der Wellenleistung wird in pneumatische Leistung (Druckerhöhung mal Volumenstrom) umgesetzt, die andere Hälfte durch Reibung in zusätzliche Wärme.

Wirkungsgrad Seitenkanalverdichter

Abb. 2: Beispielhaftes Diagramm Wirkungsgrad - Lieferzahl eines Seitenkanalverdichters. Rote Punkte sind berechnete Werte aus den Standard-Messwerten. Die grüne Linie ist das daran angepasste Polynom, die Basis für weitere Berechnungen.

(3) Aus der bekannten Gaszusammensetzung wird die mittlere molare Masse und die spezifische Wärmekapazität der Gasmischung berechnet.

Gasgemisch berechnen

Abb. 3: Beispielhafte Berechnung einer Gasmischung. Für die Berechnung der Kennlinien des Seitenkanalverdichters wird die mittlere molare Masse und die Wärmekapazität cp benötigt.

(4) Für die Berechnung eines Kennlinienfeldes muss nun die saugseitige Temperatur, der festliegende Druck und die Betriebsart angegeben werden:
Beispiel 1: 35 °C, 990 mbar auf der Saugseite bei Druckbetrieb,
Beispiel 2: 10 °C, 1023 mbar auf der Druckseite bei Saugbetrieb.

Aus diesen Daten kann dann die Gasdichte am Eingang, die Temperaturerhöhung und die notwendige Wellenleistung entlang verschiedener Drehzahlen berechnet werden.

(5) Im Diagramm Volumenstrom - Druckerhöhung werden die berechneten Drehzahl-Kurven dargestellt. Die Temperaturerhöhung (ΔT) und die Wellenleistung (P) werden flächenhaft als Isolinien im gleichen Diagramm gezeigt. Dazu wird zunächst ein bivariates Polynom angepasst, daraus ein gleichmäßiges Gitter berechnet und anschließend Isolinien verfolgt. Nicht benötigte Bereiche werden beschnitten.

Man kann einen Arbeitspunkt (Volumenstrom, Druckerhöhung) angeben, der im Diagramm angezeigt wird und für den Drehzahl, Leistung und Temperaturerhöhung berechnet werden.

 

berechnetes Kennlinienfeld eines Seitenkanalverdichters

Abb. 4: Beispielhaftes berechnetes Kennlinienfeld eines Seitenkanalverdichters. Es zeigt das wesentliche Verhalten des Verdichters. Es dient aber nur zur Orientierung. Präzise Werte soll man daraus nicht entnehmen, dazu sind die Unsicherheiten zu wenig bekannt.

Mit Hilfe eines PI-Reglers im Frequenzumrichter und einem Druck-Messumformer kann man eine Druckkonstant-Regelung aufbauen. Der Verdichter läuft dann automatisch stets so schnell, dass z. B. der Ausgangsdruck auf 320 mbar Überdruck konstant gehalten wird. Im Diagramm Abb. 4 ist das die orange-farbene horizontale Linie. Während der Regelung werden alle Arbeitspunkte auf dieser Linie liegen. Das Diagramm zeigt, dass dann die Gas-Temperatur mit kleiner werdendem Volumenstrom ansteigt. Hier muss man also Vorsorge treffen, dass die maximal zulässige Temperatur nicht überschritten wird.